Eine wunderbar trashige und sehr mutige Adaption des über 2.000 Jahre alten Stückes „Die Orestie“ nach Aischylos brachte das Ensemble des Jenaer Theaterhauses am Donnerstagabend zur Eröffnung der KulturArena 2007 vor 1.100 Zuschauern zur Aufführung. Und es war eine gelungene Premiere. Obzwar das Stück mit einer Spieldauer von rund zweieinhalb Stunden gewisse Längen aufwies, lohnte es doch, bis zum Finale auszuharren.
Die Akteure hatten viel zu leisten am Premierenabend. In spärliche Kostüme gehüllt, mussten sie den widrigen Wetterbedingungen trotzen; zusätzlich forderte Regisseur Markus Heinzelmanns Inszenierung den Schauspielern alles ab. Aber die gingen bereitwillig mit und erfüllten einen uralten Stoff mit Leben, sehr zur Freude des Publikums. Mitunter geriet die Aufführung zu einem Fest der Sprache, dann wieder regierte der Blutrausch. Manchmal wähnte man sich in einem Quentin-Tarantino-Film, besonders dann, wenn die Musik im makabren Gegensatz zur Handlung stand. So etwa, als der Udo-Jürgens-Klassiker „Griechischer Wein“ wieder und wieder verballhornt wurde, während auf der Bühne das Blut in Strömen floss.
Das Stück erzählt die tragische Geschichte einer Familie, deren Vater die Tochter opfert, dafür von seiner Frau ermordet wird und letztlich der Sohn die Mutter meuchelt, um Rache zu nehmen für des Vaters Tod. Was sich liest wie eine Schreckensmeldung aus der Zeitung mit den vier großen Buchstaben entstammt der einzigen vollständig erhaltenen Tragödientrilogie der griechischen Antike, die von Markus Heinzelmann und Marcel Klett (Dramaturgie) angenehm respektlos in unsere Zeit transportiert wird. Was Aischylos vor über 2000 Jahren ersann, wird durch die Interpretation des Ensembles des Jenaer Theaterhauses auf erschreckende Weise lebendig und greifbar. Doch auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn etwa Agamemnon dem Publikum rät: „Wenn Sie Geld übrig haben, schicken Sie Ihr Kind nicht auf die Waldorf-Schule. Machen Sie etwas vernünftiges damit – gehen Sie zum Frisör oder zur Fußpflege…“ (Szenenapplaus).
König Agamemnon (Gunnar Titzmann) zieht also mit seinem Heer gen Troja, um denen „mal so richtig den Arsch aufzureißen“ (Elektra, gespielt von Daniel Fries). Der Herrscher kehrt siegreich – Auswärtssieg? – nebst Geliebter (Kassandra, Claudia Splitt) heim, was Klytaimestra, dargestellt von einer brillanten Saskia Taeger, überhaupt nicht behagt. Die Opferung der eigenen Tochter vor Augen, tötet sie Agamemnon. Díese Tat rächt der einst von der Mutter verstoßene und nun zurückgekehrte Sohn Orestes (Bernhard Dechant) – wieder fließt Blut und wieder wird Unrecht mit Unrecht vergolten. Und bei alledem vergnügt sich die – blutbefleckte – Spaßgesellschaft. Auf der Suche nach einem Ausweg bietet Regisseur Heinzelmann eine gern benutzte, hier aber eher überraschend wirkende Metapher an.
Das Bühnebild verdient besondere Erwähnung: Angesichts der globalen Erwärmung („Das Wetter wird jeden Tag schöner!“) und des damit verbundenen Abschmelzens der Polkappen rückt das Mittelmeer näher und näher und so gestaltet Bühnenbildner Gregor Wickert mit einigen Tonnen Sand und dutzenden Sonnenliegen jenes Ambiente, in dem gemeuchelt und gestorben wird. Dazu unterlegt die Band unter der musikalischen Leitung von Vicky Schmatolla das Treiben auf der Bühne punktgenau.
Und so kam am Premierenabend eins zum anderen – ein dankbares Publikum spendete den Akteuren auf der Bühne lang anhaltenden Applaus und beinahe hätte ich gerufen: „Mehr davon! Weiterspielen!“
Text: Jens Mende
Bilder der Presseprobe befinden sich in der Happy Arts Galerie.
Besetzung:
Gunnar Titzmann (Agamemnon)
Saskia Taeger (Klytaimestra)
Mathis Julian Schulze (Aigisthos)
Bernhard Dechant (Orestes)
Daniel Fries (Elektra)
Claudia Splitt (Kassandra)
Roman Haselbacher (Pylades)
Stefan Hufschmidt (Helgos)
Luise Liebtrau (Chrysothemis)
Sarah Jasinszczak (Wächter)
Regie: Markus Heinzelmann
Bühne: Gregor Wickert
Kostüme: Anne Buffetrille
Musikalische Leitung: Vicki Schmatolla
Video: Heiko Kalmbach
Choreografie: Antonio Cerezo
Dramaturgie/Chöre: Marcel Klett
Kämpfe: Robert Gärtner
Pingback: Blut, Blutiger, Die Orestie · Happy Arts Blog
Pingback: THÜRINGER BLOGZENTRALE » Blog Archive » KulturArena 2007 mit “Die Orestie? gestartet
hey leute eigentlicht heiß ich aber luisa liebtrau und nicht luise … ^^ xD
Kann Deiner Kritik nur zustimmen. Mich begeistert der persönliche Einsatz aller „Mitstreiter“ für eine bessere Welt, in der Begeisterung und nicht Honorierung, Motiv sind, aktiv zu werden.
bei GoogleVideo gibt es einiges aus dem Theaterhaus zu sehen:
[http://video.google.de/videosearch?q=BUNTFILM&num=10&so=1&start=0]
viel Spass – und ich freue mich auf die „schöne neue Welt“.
hey luisa!
ich würd mich freuen, wenn du mir mal ne e-mail schreibst an eileen.faber@yahoo.de wär super, ich antworte dann natürlich auch xP
vlg Gina
wer bist du denn??? hast du das theaterspektakel gesehen? ;) lg
nein, um ehrlich zu sein nicht. ich hab dich in schloss einstein gesehen und dann hab ich im internet nach ‚blogs‘ gesucht und bin total aus zufall auf diese seite gekommen und hab dann hier deinen namen gesehen.. naja, so war das..
Oh ja, mir auch bitte ne e-mail schreiben ;)
micha2189@gmx.de
Lg, Micha
uiuiuiuiui das ist hier aber nicht das thema….
Pingback: Kulturarena 2008: Modern, Trash, Der Sturm · Happy Arts Blog