Buchkritk „Meinungsführer oder Populärmedium?“

Ist der Spiegel Online ein Meinungsführer oder ein Populärmedium? Diese Frage stellt sich Julia Bönisch in ihrem Buch.

Das erste Kapitel des Buches gibt einen Einblick in die Arbeit bei Spiegel Online. Allerlei wichtige und vor allem unwichtige Details aus dem Arbeitsleben der Spon Redakteure lesen sich flüssig und laden zum schmunzeln ein. Man gewinnt einen Einblick in die Arbeitsweisen der Redaktion und lernt die immense Bedeutung der Nachrichtenarchitekturen für Spon kennen. Der Vorteil der Aktualität der Seite wird mit einem enormen Zeitdruck auf die Journalisten erkauft. Dieser Druck führt dazu, das mitunter Informationen ungeprüft übernommen werden, nur um der erste zu sein. Die besondere Bedeutung der Rubrik Panorama wird ebenfalls ausführlich beleuchtet. Auch die Kritiker von Spiegel Online werden ausführlich gewürdigt. Insbesondere der Einblick in die Blogsphäre ist umfassend und gelungen.

Die nächsten drei Kapitel sind überschrieben mit „Kommunikationswissenschaftlicher Exkurs“ und beleuchten die Forschung der letzen Jahre in den klassischen Themen der Medien- und Kommunikationswissenschaft: Gatekeeper und Agenda-Setting. Für Journalisten oder Studenten der Medienwissenschaft ist wenig neues enthalten. Für alle anderen ist es eine gute Einführung in die Grundlagen und liefert theoretische Hintergründe, bringt jedoch die Beantwortung der Frage des Buches nur wenig weiter.

Der empirische Teil ist der dritte und letze Abschnitt des Buches. Frau Bönisch hat Ende 2004 sieben Leitfadeninterviews geführt und Journalisten aus verschiedenen Medienbereichen einen Online-Fragebogen vorgelegt, der 151 mal beantwortet wurde. Die Ergebnisse zeigen, das Spiegel Online extrem häufig genutzt wird (von 95% der Nachrichtenredakteure) und mittlerweile sogar bundesweit Themen vorgeben kann (meinten ca. 60% der Befragten). Der wirkliche Einfluss wird auch mit diesen Zahlen kaum zu zeigen sein. Interessant sind die Zitate, die einen guten Einblick in die Denkweise der Journalisten erlauben. Es ist zu spüren, das Bedeutung von Spiegel Online sehr hoch ist, aber dies nicht alle Journalisten so klar ausdrücken möchten.
Die Zahlen des Buches unterstreichen hauptsächlich das, was man zu diesem Thema erwartet. Spannender an dem Buch sind die vielen Zitate, welche die Vielzahl der Arbeitsweisen der Journalisten der unterschiedlichsten Medien zeigen. Das Buch lädt ein, den Spiegel Online von einer anderen Seite zu betrachten. Das ist gleichzeitig der größte Wert des Buches.
Weitere Kritiken bei Spiegelkritik, Netzausfall und Indiskretion Ehrensache.

“Meinungsführer oder Populärmedium? Das journalistische Profil von Spiegel Online?, Münster 2006, 192 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 3825893790, Lit Verlag, hier bestellen.

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