Ostern könnte eine Wende sein.

Ich weiß nur noch nicht, wohin.

In den letzten Tagen beobachte ich mehrere Trends. Vielleicht ist es nur meine Filterblase, vielleicht tut sich aber mehr.

Die Lücke zwischen dem Handeln der Politik und dem Wünschen der Mehrzahl der Menschen war noch nie so groß. Der Vertrauensverlust in die Regierungsfähigkeit scheint an einem aktuellen Maximum angekommen zu sein, ohne dass ein Ende der Entwicklung in Sicht wäre.

Die Politik zeigt in immer dramatischeren Maße die nahezu völlige Handlungsunfähigkeit. Diese wird verstärkt von der deutschen Kultur der Gründlichkeit und des fehlenden Pragmatismus, der uns früher sehr weit gebracht hat und aktuell nur noch Leben kostet. Der Mini-Lockdown läuft ewig, aber bringt dank B.1.1.7 kaum noch was. Das Impfen wird freitags 13 Uhr eingestellt (https://www.faz.net/1.7275350), nicht verimpfte Dosen werden weggeworfen (in den USA wurden über die Osterfeiertage 15 Millionen Impfungen verabreicht, das sind mehr als in Deutschland seit Beginn der Impfung). Im Hamburg wird per Radio aufgerufen, doch zum Impfzentrum zu gehen, während tausende sofort kommen würden, wenn sie nur dürften. Die Notbremse wird abhängig der persönlichen Vorstellungen lokal verantwortlicher gezogen, nicht gezogen, uminterpretiert und das im 3-Tages-Takt. Die Politik wartet auf den Sommer, der allen wissenschaftlichen Erkenntnissen nach keinen relevanten Unterschied bringen wird oder erklärt, „noch ein wenig denken“ zu müssen.

Währenddessen scheinen sich denkende Menschen und Wissenschaftler einig: Ein harter Lockdown im Oktober hätte richtig was gebracht. Ein harter Lockdown zu Weihnachten hätte richtig was gebracht. Ein harter Lockdown zu Ostern hätte richtig was gebracht. Jetzt schreit es auf Twitter nach einem Lockdown, die Ärzte rufen so laut es geht, die Pfleger haben kaum noch Kraft zu rufen. Wir können dank Modellierungen jeden Tag berechnen, wie viele Menschen noch sterben werden. Und wie viele Menschen persönlich herausfinden werden, was LongCovid eigentlich genau ist.

Die Staatsgewalt versagt gleichermaßen, wie am Wochenende in Stuttgart sichtbar wurde. Während >10.000 Menschen ohne Abstand und Maske demonstrieren wirkt die Polizei, als ob sie ihre hoheitliche Macht und Aufgaben vergessen hat und lieber selbst mit demonstriert. Am gleichen Ort werden Journalisten verprügelt und die Pressefreiheit schwindet Tag für Tag gleich mit. Gleichzeitig zahlen die Eltern dreier Kinder dreistellige Strafen, weil sie sich draußen zu dritt aufgehalten haben.

Die Medien dokumentieren das Desaster und langsam gehen die Superlative aus. Worte wie „Politikversagen“ in der Überschrift rufen keine nennenswerte Erregung beim Leser mehr hervor, wir sind abgestumpft. Die Reportagen über die Missstände werden länger und häufiger und der Wissenschaftsjournalismus erfährt eine ungeahnte Blüte. Das „Coronavirus-Update“ schafft es, das Nischenthema Podcast sogar den digitalmüden Deutschen näherzubringen. Was soll man auch machen, außer isoliert zu Hause sitzen und Podcasts hören?

Diese Lücken zwischen Wahrheit und Irrsinn, zwischen Nichthandeln und Zusehen sind so groß wie noch nie. Die resilientesten Menschen in meinem Freundeskreis fangen an, zu ermüden. Zu groß ist der psychische Druck, die kognitive Dissonanz jeden Tag wieder aufs neue auszuhalten und sie im Kopf irgendwie geradezubiegen. Jetzt, wo es auch hier bröckelt, sind ernsthafte Sorgen angebracht. Und wir brauchen Lösungen – dringender als jemals zuvor.

Brav, wie wir sind haben wir die Lösung von der demokratisch gewählten Politik erwartet und wurden enttäuscht. Weil es eine Illusion ist, Lösungen von der Politik zu erwarten. Es war schon immer eine Illusion, nur eben eine bequeme.

Wie immer beginnt die Lösung bei uns selbst, in unserem Kopf. Dazu gibt es mehrere Strategien:

  • Optimismus. Auch diese Krise werden wir überstehen, zumindest die meisten. Sie wird ein neues Bewusstsein schaffen, das wir dringend brauchen, um das Thema Klimawandel angehen zu können.
  • Resilienz. Wir lernen täglich besser, uns den Umweltveränderungen anzupassen. Sogar ein bisschen Homeoffice und Digitalisierung können wir jetzt, ohne vollkommen durchzudrehen. Das war vor einem Jahr undenkbar!
  • Selbstsorge. Händewaschen konnten wir schon im Kindergarten, jetzt kommen Abstandsregeln und Maskentragen hinzu. Wenn jeder für sich mit macht, funktioniert das unglaublich gut für die Gemeinschaft.
  • Demokratie. Unser nächste demokratisches Ausdrucksmittel ist die Bundestagswahl. Nutzen wir diese Chance und wählen Grün.
  • Komsumverzicht. Es wurden ein paar Millionen weniger Klamotten verkauft und ich habe noch niemand nackig auf der Straße gesehen.
  • Umfeld. Wir haben direkten Einfluss auf die Menschen um uns herum. Jedes hilfreiche Verhalten ist ein Vorbild und färbt auf das weitere Umfeld ab.
  • Auswandern. Na gut, woanders ist es auch nicht immer besser und Flucht löst das Problem nicht, sondern hinterlässt es nur hier.
  • Netflix. „Snowpiercer“ und „Interstellar“ geben uns einen Blick in die mögliche Zukunft, während „Das Dilemma mit den sozialen Medien“ zeigt, warum es jetzt ist, wie es ist. Wem das nicht guttut, der schaut ein paar spanische Komödien und lenkt sich damit ab. Das ist vermutlich gesünder als Alkohol, aber auch eine Droge.
  • Aufstehen. Wir sollten aufstehen und der Politik zeigen, dass wir ein Weiter-Nachdenken-Als-Ob-Nichts-Wäre nicht mehr akzeptieren. Das ist übrigens etwa das Gegenteil vom Querdenken, das ist vorausschauendes Denken UND handeln. Das könnte uns vor noch schwereren Folgen retten.

Ostern wird die Wende sein. Und was trägst du zu dieser Wende bei?

P.S. Und dann gibt es noch den Klimawandel …

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